Packen - packend erzählt
Vor fünf Monaten habe ich meinen Flug
gebucht. Ich darf zwei große Koffer mitnehmen. Das reicht locker,
dachte ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn. Damals rechnete ich
noch nicht mit den unzähligen Ergänzungen, die ich im Laufe dieser
Monate zu meiner Packliste hinzufügen würde.
Von meiner Familie und Freuden, die
selber über einen längeren Zeitraum im Ausland gewesen waren, bekam
ich allerhand Ratschläge. Diese Salbe, zehn Moskitonetze und 460
Zahnbürsten sind unbedingt notwendig – aber lass noch Platz für
Andenken aus Madagaskar. Ich war verwirrt. Die Madagassen werden sich
doch auch irgendwie die Zähne reinigen. Und warum sollte es dort
nicht auch Kerzen und Taschentücher geben? Also traf ich eine mutige
Entscheidung. Ich nehme nur einen Koffer mit, sagte ich mir. Und so
begann das Drama, das mich in dieser Woche wie ein Schlag treffen
sollte.
Am Montag stand ich also in meinem
Zimmer, die dreiseitige Packliste in der Hand, der große Koffer auf
dem Boden. Mein Blick glitt vom Boden zum Schrank, wo ich ein Fach
mit Notwendigkeiten für Madagaskar angelegt hatte. Das geht ja
eigentlich voll, dachte ich bei mir.
Besagtes Fach beinhaltete allerdings
nur Medizin, Fotoapparat und Taschenlampe. Dass der Koffer nach dem
Einpacken dieser wenigen Dinge schon halb voll war, beunruhigte mich
dann doch etwas. Meine Wanderschuhe und die Regenjacke waren noch gar
nicht eingepackt. Ganz zu schweigen von zig Socken und T-Shirts, die
auch noch verstaut werden mussten.
Nach einer halben Stunde betrachtete
ich den Berg, der sich aus meinem Koffer auftürmte. Ich warf einen
Blick auf die Packliste, auf der erst die Hälfte angekreuzt war.
Meine Gedanken kreisten wild: Was könnte ich zu Hause lassen? Musste
ich meinen Pass wirklich mitnehmen? Oder sollte ich mich geschlagen
geben und einen zweiten Koffer eröffnen? Mit schwirrendem Kopf
beschloss ich, aufzugeben.
Fast hätte ich an diesem Abend kein
Auge zugetan. Aber dann kam mir eine erstaunliche Erkenntnis. Wenn es
Gottes Plan ist, dass ich nach Madagaskar gehe, ist es egal, was
alles in meinem Koffer ist. Selbst wenn ich keine Schmerztabletten
und Handtücher mitnehme, wird es mir nicht schaden. Denn Gott wird
bei mir sein. Mit friedlichem Herzen konnte ich selbst nach diesem
Tag einschlafen.
Am Dienstag sah das Chaos vom Vortag
gar nicht mehr so schlimm aus. Ich breitete alles auf dem Boden aus
und packte es dann wieder ordentlich ein. Und siehe da, es war genug
Platz in dem einen Koffer. Mit dem Koffer in der Hand stieg ich auf
unsere Personenwaage. Doch das nächste Problem war auf der
Kiloanzeige der Waage zu erkennen. Ich hatte noch nicht alle Socken
eingepackt und die Kilogrenze für meinen Koffer war schon fast
erreicht. Was nun?
Dieses Problem ist noch nicht gelöst,
aber ich bin sicher, dass sich alles zum Guten wenden wird. In meinem
Kopf entsteht schon eine Liste mit Dingen, die ich auch in
Deutschland lassen kann: Sportschuhe, Bücher, möglicherweise eine
der Zahnbürsten. Vielleicht werde ich aber auch einfach alle meine
Socken auf dem Flug anziehen. Das wird die Waage am Abflugtag zeigen.
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